Was uns Mainstreamfilme übers Frausein erzählen
Filme sind Spiegel einer Kultur, in der sie entstehen. Und die westliche Kultur ist in einem radikalen Umbruch: Wie Frauen im 21. Jahrhundert Einfluss auf öffentliches Leben haben und es gestalten, steht in starkem Gegensatz zu den vorigen Jahrhunderten. Ab jetzt gibt es uns!
Ich finde es hochinteressant, sich die Geschichten die in einem solchen Umbruch in den Medien dieser Zeit erzählt werden, genauer anzuschauen. In Social Media, Werbung und Nachrichten dauert eine Story meist nur wenige Sekunden – in Filmen und Serien finden wir längere Handlungsbögen. Ich habe in einer großen Studie Filme untersucht, die mit großem Erfolg an den Kinokassen im deutschsprachigen Raum gelaufen sind: Weil ich davon ausgehe, dass sie die kleinsten gemeinsamen Nenner davon zeigen, was in der Kultur, die sie produziert und nachfragt als in der Darstellung normal und angemessen gilt. Sie sind geträumte Fantasmen unserer Kultur – und der sie häufig produzierenden US-amerikanischen, von der wir ja vieles übernehmen. Man kann darin blättern und lesen, was gerade für Wünsche und Sehnsüchte, aber auch Ängste und Schatten in uns stecken.
Als ich erforschte, was in den letzten zwei Jahrzehnten für Geschichten über Frauen im Mainstreamkino erzählt wurden, stieß ich zunächst auf viele alte Rollenbilder. Das überraschte und schockierte mich zunächst nicht besonders. Dann fand ich aber mehr und mehr Dynamiken, angesichts derer mir der Atem stockte – und mehr als einmal drehte sich mit der Magen um.
Mainstreamfilme: Ich entdeckte vor allem vier Dynamiken
Ich nenne sie die „Bullshit-Regeln der Mainstreamkultur“ darüber, was man als Frau kann, darf, glauben soll und hoffen darf:
1. Die Prinzessin wird entdeckt
In zahlreichen Filmen werden Prinzessinnen entdeckt: Eine junge Frau, die bisher eher ein schwieriges Leben führt, erfährt, dass dass ihre Eltern das Königspaar eines – mehr oder weniger fernen – Königreichs seien, welche sie aus variablen Gründen als kleines Mädchen ausgesetzt/verloren/weggegeben hätten. Meist wird ihr dieses Wissen von einer männlichen Figur überbracht, die ihr zudem mitteilt, dass Ihr noch eine Aufgabe bevorstünde, die nur sie erfüllen könne. Entscheidend ist, dass hier keine Frauen gezeigt werden, die ihrer eigenen inneren Stimme folgen und ihre Fähigkeiten selbst entdecken und ausbilden, sondern dass dieses Wissen von ihnen abgespalten ist, in Verkörperung einer männlichen Instanz. Für mich ähnelt die Dynamik in diesen Geschichten dem Muster, dass wir als Frauen so oft darauf warten, entdeckt zu werden. Und oft eher tun, wozu andere uns auffordern, oder wovon andere meinen, dass wir gut darin seien. Die Story, wir Frauen nicht selbst wissen, wer wir wirklich sind, worin unsere größten Stärken liegen liegen und wozu wir auf der Welt sind, steckt tief in der westlichen patriarchalen Kultur.
2. Hauptsache, Du hast einen Mann
Erfolgreiche Filme über Frauen in Beziehungen sind vor Romantic Comedies und Fantasy-Romanzen. Beziehungen von Frauen zu Mentoren und Mentorinnen oder Freundinnen gab es nicht unter den von mir untersuchten Filmen. Wir lernen – kulturell: Die wichtigste Beziehung im Leben einer Frau ist die zu einem Mann. Und für eine solche zahlt eine Frau mit ihrer Lebenskraft: Zahlreiche Filme zeigen Frauenfiguren, die sich buchstäblich verbiegen um einen Mann zu gewinnen, oder eine Partnerschaft am Laufen zu halten. Sie passen sich an, nehmen sich zurück in ihren Wünschen oder bezahlen gar, wie Bella in TWILIGHT, buchstäblich mit ihrem Menschenleben.
3. Erfolg erfordert Gewalt
Mainstreamfilme zeigen zwei Arten, wie man als Frau erfolgreich sein kann: Entweder treten die zentralen weiblichen Figuren tradiert „maskulin“ auf und handeln gefühlskalt, zielfokussiert und ohne Rücksicht auf Verluste, oder als tradiert „feminin, indem sie sich emphatisch, sanft und selbstlos zeigen. In ersterem Fall sehen wir Superheldinnen, die ihre Ziele kaltblütig und meist mit Waffen erreichen – und dabei supersexy aussehen. Nachdem sie die Welt gerettet haben, legen sie ihr Superheldinnen-Cape ab und werden zur „femininen Frau“: Sanft, weich und nun bereit für einen Partner. In zweiterem Fall sind es häufig „gute Frauen“, die aufgrund ihrer sozialen Fähigkeiten oder ihrem weiblichen Spezialwissen um Mode und Kosmetik etwas erreichen, was ein Mann so nie zu tun vermocht hätte. Der Erfolg dieser Frauen bleibt dabei moderat und wenig sichtbar. Was fehlt, sind weibliche Figuren, denen ein Spektrum aus zielgerichteten UND zwischenmenschlichen Fähigkeiten zur Verfügung steht.
4. Besser nichts Unbequemes sagen
Filme, die weibliche Hauptfiguren in schwierigen Situationen zeigen, enthalten die heftigsten Botschaften und Bilder:
- Frauen sind Opfer. Meist als sexualisierte Schauobjekte, blutüberströmt, verfolgt von bösen Männern, häufig in zerrissenen oder transparenten Shirts, unter denen sich nackte Brüste oder dunkle Unterwäsche abezichnet.
- Frauen, die nach Rückschlägen erstarren und passiv bleiben, werden von Männern gerettet und in eine leuchtende, positive Zukunft geführt.
- Frauen, die unangenehme Wahrheiten ausspriechen, werden bestraft. Die weiblichen Figuren in der Gruppe der von mir untersuchten Filme, die dies tun, verlieren ihr Zuhause, ihre Unterstützer und müssen zum Großteil das Land verlassen.
Stockt Dir nun auch der Atem? Siehst Du Parallelen zu Deinem Leben?
In den nächsten Wochen kannst Du auf diesem Blog mehr über diese Dynamiken lesen, die sich mir bei der Untersuchung von 450 Filmen im Rahmen meiner Doktorarbeit gezeigt haben. Und vor allem wird es auch darum gehen, wie Du Du anfängst, aus diesen Dynamiken auszusteigen, so sie sich noch in Deinem Leben zeigen.
Ich freue mich, wenn Du dabei bist!
Wir haben viel vor. Fangen wir bei uns selbst an.
Foto: Depositphotos
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