Unbequem Vorurteile Opferrolle

Wo machst Du Dich zum Opfer?

Dieses Thema ist heiß. Vielleicht willst Du das hier lieber nicht lesen. Denn das Thema ist vor allem eines: Unbequem! 

Ja, Frauen wurden sehr oft schlecht behandelt in den letzten Jahrhunderten. Gefoltert, missbraucht, vergewaltigt, mundtot gemacht. Die Jahrhunderte des Patriarchats hindurch. Und ja, es ist wichtig, dass über diese Missstände gesprochen wird. Vor allem dann, wenn diese mittelalterlichen Praktiken noch heute passieren. In einer Welt, die es eigentlich besser weiß. Deshalb ist es auch wichtig, das zu feiern, was der Feminismus erreicht hat. Was unsere Vorfahrinnen geleistet und getan haben für uns Frauen. 

Nur: Die Zeit ist nun vorbei, dass wir Frauen uns auf dem Status der Benachteiligten ausruhen können. Ich mag sogar sagen, die Zeit ist vorbei, da wir das dürfen! 

Opfer? Wir kreieren die Welt in der wir leben.

Denn: mit jeder Aussage, mit jedem Beschweren darüber, wie „Umstände“ sind, ja sogar mit jedem Gedanken schaffen wir die Realität. Und die ist plastischer, als uns das häufig bewusst ist. Wir kreieren die Welt in der wir leben – vor allem mit unseren Gedanken. Wenn wir denken „ich werde abgewertet/benachteiligt/angegriffen“, tun wir bereits etwas in die Richtung, dass dies auch passiert. Oder deuten Ereignisse durch diese Brille hindurch. 

Moment, das heißt nicht, dass wir Missbrauch verharmlosen oder gar behaupten, eine missbrauchte Person würde die Tat selbst kreieren. Das wäre New-Age-Bullshit und viel zu kurz gedacht. Die Autorin Svenja Flaßpöhler schreibt in ihrem großartigen Buch „Die potente Frau“ (2018): „Gewiss habe ich kein Mitleid mit Männern, die sich Frauen gegenüber respektlos verhalten. Aber ich kritisiere entschieden, wenn Frauen sich jener Machtmethode bedienen, unter der sie selbst Jahrhunderte lang gelitten haben: einer radikalen Verdinglichung, einer Degradierung zum bloßen Objekt, einer Reduzierung des Anderen auf seine vermeintlich triebgesteuerte Natur“. So gilt es für uns auszusteigen aus dem „Wie Du mir so ich Dir“-Spiel und erwachsen zu werden. 

Und das gilt auch für andere Bereiche: Wo sind wir im Beschwerdemodus und schreiben „dem System“, „den Männern“, oder „der Wirtschaft“ bestimmte Eigenschaften zu, die uns erlauben, uns in einer bestimmten Position, ja, auszuruhen? Frauen hätten es schwerer in klassischen Unternehmen als Männer? Ja, das mag sein. Solange sie nicht mit ihrer eigenen Stimme verbunden sind und ihre Wahrheit sprechen. Solange sie die alten Spiele der alten Männer mitspielen, bleiben sie Mädchen. Oder werden bessere Männer. Und ja, es braucht Mut, sich einer bestehenden Kultur zu widersetzen. Aber es ist nicht so, dass man keine Wahl hätte. Viele Unternehmen – darunter auch moderne Start-Ups seien nicht frauenfreundlich? Ja, ganz ehrlich, sind sie denn männerfreundlich? Viele Organisationen brauchen gerade jetzt ein reinigendes Feuer, sonst sind sie nicht zukunftsfähig. Und die Frauen sind in der erstmal vielleicht nicht so dankbaren Position, das auszulösen. Aber ganz ehrlich: Was schlimmer: Eine zeitlang nicht gemocht zu werden oder mit dem ganzen Schiff gegen einen Eisberg zu donnern? 

Unter bestimmten Voraussetzungen – zu alt, zu jung, zu niedrig oder zu hoch qualifiziert – könne man kein Geld verdienen? Ja, wenn man in den alten Schienen denkt und im Modell denkt, nach dem man meint, man hätte einen bis ins Rentenalter währenden Anspruch auf einen gut bezahlten Job mit Urlaub, Wochenenden und Feierabend, ohne dass man sich dabei verändern muss. Rente ist ohnehin ein absurdes Konzept: Als würde die kreative Kraft eines Menschen mit Mitte 60 versiegen und er dann nur noch fähig sein zuhause zu sitzen oder in den Urlaub zu fahren.

Aber auch im Kleineren können wir uns fragen:

Wo sehen wir uns als Opfer und machen uns damit genau dazu?

Die Welt ist ungerecht, weil es bei Dir heute regnet? Oder weil Du Rückenschmerzen hast? Oder, weil Du keine Zeit hast, das zu tun, was Dir wirklich wichtig ist? 

Mit jeder Beschwerde beschweren wir – im Wortsinne – uns.

Anstatt wir voll und ganz akzeptieren, was ist, den Widerstand aufgeben und den Fokus auf Möglichkeiten und neue Ideen zu lenken: Was ist jetzt gerade gut daran, dass es regnet – gerade nach dem trockenen Sommer im letzten Jahr? Was wollen Dir Deine Rückenschmerzen sagen? Und wie kannst Du Dir Zeit schaffen für das, was Dir wichtig ist? Vielleicht nur ein ganz kleines bisschen jeden Tag?

Wenn wir Opfer sind, ist unser Rücken krumm und die Welt dunkel. Wenn wir uns aufrichten und nach den hellen Stellen suchen, tun sich neue Möglichkeiten auf. Jeden Tag. Du entscheidest. 

 

Bild: Camilla Cordeiro

 

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