Prinzessin Frau Mainstream

Bist Du immer noch die Prinzessin, die entdeckt werden will?

Ich war nie ein Prinzessinnen-Mädchen. Dachte ich. Als Kind stand ich nicht auf Rosa und Glitzer, sondern fand beides eher blöd und peinlich. Dazu machte es mich misstrauisch, wenn Mädchen damit beschäftigt waren, die Schönste sein zu wollen, sich anzuzicken oder sich an den Haaren zu ziehen. Wenn beim Fasching die halbe Klasse zu einer Schar von Prinzessinnen wurde, war ich Räuber, Vampir oder Leopard. Und doch hat die Prinzessin mich eingeholt. Und zwar von hinten mit der Faust ins Auge. Ich habe darauf gewartet, entdeckt zu werden. Auf Erlaubnis gewartet. Auf den Prinzen gewartet. Hat alles nicht funktioniert.

Was ich damals nicht wusste:

Die Prinzessin ist nicht das Problem

Sondern das, was unsere Kultur in den letzten Jahrhunderten mit ihr gemacht hat. 

Die Prinzessin ist erstmal nur eine weibliche Figur, die in zahlreichen Märchen auftaucht. Meist durchlebt sie etwas, das sie stark herausfordert, an die Grenzen ihres bisherigen Seins bringt und sie dazu fordert zu wachsen und in ein neues Sein hineinzutreten. Sie lernt etwas Grundlegendes über sich und verändert sich entsprechend. Es sind Initiations-Geschichten.

Manchmal heiratet die Prinzessin am Ende einen Prinzen. Märchenforscher mit tiefenpsychologischem Hintergrund sehen in Prinzessin und Prinz die femininen und maskulinen Anteile einer Person, die im Verlauf der Handlung heranreifen, erwachsen werden und sich – symbolisiert durch die Heirat – zusammentun. Die Hochzeit am Ende eines Märchens ist kein „patriarchaler Akt“, sondern lässt sich als Vereinigung von „innerer Frau“ und „innerem Mann“ verstehen. Eine Person, die beide Seiten vereint, ist in der Lage, über das eigene Königreich, das eigene Leben zu herrschen und es selbstbestimmt zu gestalten. 

Was Mainstream-Filme dazu beitragen

Die rosa Prinzessin, die auf den rettenden Prinzen und die Hochzeit hofft, ist eine neue Erfindung aus romantischen Romanen und Liebes-Heftchen des 19. Jahrhunderts: Hier ist Prinzessin passiv und es geht mehr um die Erfüllung des romantischen Traums als um ihre Fähigkeiten oder ihre Ermächtigung. Rosa und Pink, mit Wespentaille und Klimperwimpern wird die Prinzessin erst mit den Disney-Filmen Dornröschen und Aschenputtel aus den 1950er-Jahren. Hat Coca-Cola den Weihnachtsmann erfunden, wie wir ihn als Kind kennengelernt haben, hat Disney die rosa Prinzessin erfunden!

Und nicht nur optisch ist diese Disney-Prinzessin immer noch präsent: Vor allem die Struktur der Romantik-Geschichten des 19. Jahrhunderts und der frühen Disney-Filme sind präsenter als ermächtigende Initiationsgeschichten alter Märchen. Meiner Studie zu Mainstreamfilmen der letzten zwei Jahrzehnte zeigt: Filme, in denen Frauen etwas über ihre Identität erfahren, erzählen nicht, dass die Frau dies selbst herausfindet, danach handelt und zu einer reiferen Version ihrer selbst wird. Vielmehr werden diese Figuren entdeckt und es wird ihnen gesagt, wer sie werden sollen. Und das durch die Bank – in Komödien, Fantasy- und Kinderfilmen.

Häufig, nicht immer, sind es Prinzessinnen. Entdeckt werden sie meist von einer männlichen Figur. Die etwas sagt wie „Du bist gar nicht das arme unglückliche Mädchen, Du bist die Prinzessin des Reiches Dingenskirchen. König Dingens und Königin Kirchen sind Deine Eltern und sie warten auf Dich.“ Dann erfährt die Prinzessin noch von einer Aufgabe, die sie zu erfüllen hat. Meist ist nur sie dazu in der Lage und es geht um eine Fähigkeit, die sie selbst noch nicht von sich kennt: „Deine größte Gabe ist… (z.B. Buchhaltung, Harfespielen, ein Schwert halten – je nach Kontext des Films). Und genau dafür braucht Dich jetzt das Reich Dingenskirchen, komm mit!“ Ihr Entdecker spricht weiter, legt ihr ihr kommendes Schicksal dar: „Wenn Du diese Aufgabe erfüllt hast, bist Du die Prinzessin des Reichs. Du kannst dann in Frieden weiterleben, brauchst nichts Anstrengendes mehr machen und bekommst auch noch einen Boy an die Seite, um den Dich Deine Freundinnen beneiden.“ Doch bevor es losgeht, ist häufig noch ein Makeover erforderlich: „Vorher müssen wir Dich aber erstmal herrichten, wie siehst Du denn überhaupt aus? Mindestens ein Waxing, neue Frisur, ach und zieh mal das hier an, macht Dich gleich viel attraktiver. Ja, üb halt ein bisschen, bis Du auf den Schuhen laufen kannst. Stell Dich nicht so an, das gehört sich nicht für eine Prinzessin.“

Kommt Dir was davon bekannt vor? 

Wo haben wir als Frauen gelernt, nicht auf unsere eigene innere Stimme zu hören? Wo vertrauen wir nicht auf die Zeichen, die uns das Leben schickt und gehen den Weg, auf den diese uns schicken? Wo warten wir stattdessen darauf, mit großem Tamtam entdeckt zu werden? Oder warten auf Erlaubnis? 

Wo hast Du einen Weg eingeschlagen, weil jemand Dir gesagt hat, Du seist so gut in etwas, das für Dich Fleißarbeit ist? Anstatt auf das zu vertrauen, was sich in Dir leuchtend und verlockend angefühlt hat? Wo bist Du einem Weg gefolgt, den jemand Dir als schillernd vorgezeichent hat? Und wie richtest Du Dich her um in Bilder anderer zu passen? 

Wenn das etwas in Dir bewegt, schreib doch unten etwas in die Kommentare. Ich bin gespannt, von Deiner Prinzessinnen-Erfahrung zu hören!

 

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