Wie Du Dich mit der Herbst-Phase (späte Lutealphase) Deines Zyklus anfreundest

Die Lutealphase ist die Phase nach dem Eisprung. Die Herbst-Phase des Zyklus dauert – bei einem 28-Tage-Zyklus – etwa von Tag 22 bis 28.

Früher habe ich diese Phase gefürchtet bis gehasst: Weniger Energie, damals auch noch PMS und wilde Emotionen. Vor allem mochte ich ums Verrecken nicht anerkennen, dass ich als Frau ein zyklisches Wesen bin und nicht wie ein Mann ständig auf gleichem Niveau leisten und abliefern kann.

Das kennen sicher viele Frauen. Ich habe mich weniger wert gefühlt, wenn ich in einer Phase des Monats nicht viel geschafft habe und habe das oft damit kompensiert, mich noch stärker anzustrengen und das, was ich mir vorgenommen hatte, durchzupushen.

In diesem Beitrag erfährst Du, wie ich diese Phase heute erlebe und welche Kraft und Weisheit darin für mich steckt.

Langsamer werden.

Es mir gemütlicher machen. Fünfe gerade sein lassen. Mehr Zeit für mich. Grenzen setzen.

Grade am Anfang der Herbst-Phase habe ich noch ganz gut Energie und sprudle geradezu an kreativem Output. Ja, diese Phase wird zu Recht auch „kreative Phase“ genannt.

Es kostet Mut, diese alten Glaubenssätze loszulassen. Es kostet Mut, darauf zu vertrauen, dass ich auch dann noch wertvoll bin, wenn ich nicht permanent leiste und Output liefere. In meiner Coaching-Ausbildung habe ich das Konzept der „Antreiber“ gelernt. Einer der vier Antreiber-Sätze lautet „Ich bin ok, wenn ich mich anstrenge“. Aua. Das war ich. Und ein Teil von mir denkt das immer noch, oder immer wieder mal. Es ist ein Prozess.

Alle Phasen des Zyklus wertschätzen

Entscheidend war für mich, zu verstehen – und auch, immer mehr selbst in Körper und Geist zu erleben – , dass jede der Zyklus-Phasen nicht nur ihre Berechtigung hat, sondern notwendig ist, damit wir als gesundes System funktionieren. Mir bekannte Ayurveda-Praktikerinnen schreiben die allgemeine höhere Lebensdauer von Frauen ihrem Zyklus zu: Einmal im Monat durchlaufen wir ein Review- und Detox-Programm. Und das völlig kostenlos.

Sobald wir den Wert dessen anerkennen und uns darauf einlassen, können wir es viel eher annehmen, in „Spätherbst“ und Winter weniger zu produzieren, produktiv zu sein, weil wir darauf vertrauen können, dass die Kraft wiederkommt und wir uns in der „Review“-Phase so klar ausrichten, dass wir anstatt „mehr“ das Richtige tun. So können wir durch weniger Aktivität langfristig mehr erreichen UND dabei besser für uns und unseren Körper sorgen.

Ich verstehe, am Anfang, wenn das eigene System vom jahrelangem Rennen adrenalin-süchtig ist, mag das wie eine Kamikaze-Aktion anmuten: „Was, es soll mir besser gehen, wenn ich weniger tue? Ich habe so viel auf dem Zettel, ich kann mich erst entspannen, wenn alles erledigt ist.“

Ich möchte Dich heute an die Hand nehmen und Dir sagen: Glaub mir, es lohnt sich. Du wirst eine viel tiefere Kreationskraft in Dir entdecken, wenn Du Dir erlaubst, auszuatmen und für ein paar Tage im Monat – nämlich in der späten Lutealphase und während der Menstruation – langsam machst.

Eine neue Sicht auf die Lutealphase

Ich werde oft gefragt: „Wie kannst Du Dich da denn mehr ausruhen? Ich habe andauernd Termine“. Ja, auch ich kann – und will! – nicht von Beginn der Herbst-Phase bis Ende der Blutung frei nehmen. Ich finde, manchmal wird #cycleawareness da etwas streng ausgelegt; ich weiß von Frauen, die sich um ihre Blutung herum eine Woche frei nehmen. Das ist nicht so mein Ding und möchte ich auch gar nicht. Ich bin ja nicht krank, nur weil ich in der Lutealphase bin und menstruiere. Gerade diese Zeiten sind oft sehr wichtig für mein Business, weil ich ganz besonders in der Luteal-Phase viel schreibe, konzipiere oder produziere und während ich blute, wichtige Einsichten habe.

Es geht vielmehr um eine Grundschwingung: Nehme ich an, dass ich diese Woche weniger Kraft habe? Wie kann in Integrität mit diesem Wissen Grenzen ziehen, sodass neben der Arbeit mein Körper genug Ruhe bekommt?

Ein ganz klassischer Verlauf der späten Lutealphase

Ich erzähle Dir mal, wie ich die Herbst-Zeit meines Zyklus erlebe:

Ungefähr um Tag 21 oder 22 meines Zyklus nehme ich einen Shift in meiner Energie wahr. Ich habe weniger Lust, viel zu machen und auch weniger Lust, mich mit anderen zu unterhalten. Ich möchte es mir gemütlich machen. Also koche ich mir leckeren Tee zum Arbeiten und mache Pausen, wenn mir danach ist. Mein Körper fühlt sich schwerer an und ich habe das Bedürfnis, mehr zu schlafen. Ich genieße es, in dieser Zeit früh ins Bett zu gehen. Ich stehe trotzdem früh auf und bewege mich, sonst werde ich gerade in dieser Zeit schnell steif und fühle mich unwohl im Körper. Mir fällt Kleines und Größeres auf, was in meinem Leben nicht stimmt.

Oft geht diese Phase mit einem Gefühl, mich in meiner eigenen Haut und meiner Umgebung nicht wohlzufühlen, einher. Viele Frauen berichten das. Ich kann es inzwischen willkommen heißen und diese Energie zu nutzen um zu Sortieren und reinen Tisch zu machen. Und ja, dazu gehört auch mein Schreibtisch und mein Projektmanagement-Tool: Gerade in Bezug auf meine Arbeit und meine Wochen-Organisation merke ich oft in dieser Zeit, was es zu verbessern, aufräumen und klarer machen gilt.

Besonders kritisch bin ich im Haushalt – ähem, frag mal meinen Mann. Das lässt sich jedoch ganz natürlich erklären: Meine Heilpraktikerin hat einmal erläutert, wie wir Frauen während wir menstruieren energetisch und auch physisch sehr offen sind. Unser System ist während der Blutung viel auch anfälliger für Keime und Bakterien. Von daher macht der „Putz- und Aufräum-flash“, den viele Frauen in der Herbst-Phase haben, sehr viel Sinn. Ich habe früher oft meine Wohnung einmal im Zyklus so richtig ausgemistet und in allen Ecken geputzt. Wenn ich fertig war, und mich erschöpft aufs Sofa fallen ließ und wartete, dass die Holzböden trockneten, fing ich an zu bluten. So spannend, oder?

Wie ich die Luteal-Phase plane

Ich weiß, dass ich mir einen Gefallen tue, wenn ich in dieser Zeit wenig Meetings und Termine habe. Das heißt nicht, dass ich mich völlig herausziehe: Gerade die Energie der Herbst-Phase birgt ihre ganz eigene Weisheit. In Coachings bin ich in dieser Zeit sehr auf den Punkt, in Meetings wist mir wichtig, dass das Wichtigste auch ankommt. Oft habe ich in dieser Phase zündende Ideen für Probleme, die mich schon lange beschäftigen. Ich liebe es, in dieser Phase zu schreiben.

Miranda Grey, die Autorin einiger Bücher über die Energie des Zyklus, erzählt, auf was für eine Geduldsprobe sie ihren Verleger damit stellte, dass sie nur ein paar Tage im Monat schreiben konnte. Sie sprach von der kreativen Phase. Ich „kann“ zwar auch in anderen Phasen schreiben, aber wie von allein fließen tut es auch bei mir nur in dieser Phase. Daher weiß ich, dass es gut investierte Zeit ist, wenn ich in einer „Herbst“-Woche viele Fokus-Tage habe, in denen ich Inhalte für das Programm, das ich leite, sowie Marketing-Material erstellen kann.

Ich persönlich plane in meiner Herbst-Woche (meist grob eine Woche) häufig nur, was unbedingt getan werden muss und lasse mir dann Freiräume: Wenn ich Energie und Lust habe, nutze ich sie, wenn nicht, dann nicht. Energieschübe kommen immer mal in dieser Woche, soviel ist sicher. Ich versuche allerdings, weniger Termine zu haben und schaue, dass ich Deadlines lange im Voraus im Blick habe. Druck ist in dieser Phase anstrengend.

PMS, Migräne und schlechte Laune sind optional

Inzwischen mag ich die Herbst-Zeit. Was entscheidend dazu beiträgt, ist, dass ich in – ich denke, aufgrund meiner Ayurveda-Gewohnheiten und vor allem der kalten Duschen – inzwischen weder PMS noch starke Emotionen erlebe. Ganz ehrlich: Ich finde #cycleawareness toll. Allerdings beschreiben die meisten Autorinnen Frauen mit starken Schmerzen, Migräne, PMS und Stimmungsschwankungen. Laut Ayurveda sind dies nicht Zeichen eines gesunden Zyklus, sondern gerade von Imbalancen. Diese lassen sich mit gesunden Gewohnheiten, Ernährungsumstellungen und manchmal Unterstützung von Kräutern gut lindern bis vollends beseitigen. Versprochen!

Nur weil wir Frauen sind, müssen wir nicht leiden. Ich kenne viele Frauen, die das immer noch denken und für die der Griff zur Schmerztablette selbstverständlich geworden ist. Das muss wirklich nicht sein!

Herbst-Zeit heißt Einkehr – und die darf gemütlich sein

Mir gefällt die Analogie zur Jahreszeit: Auch im Herbst kann man es sich doch gemütlich machen – mit extra-dicken Socken, schönen ätherischen Ölen, guter Musik und einem guten Buch. Wie arm wäre das Jahr, wenn wir keinen Herbst hätten? Reflektieren, was war. Einen Gang runterschalten und das Neue noch nicht Planen müssen, weil es noch viel zu weit weg ist. Sich den Stürmen hingeben und neugierig sein, wohin das einen treibt. Sich ein Nest bauen für die nächste Woche: Einkaufen, den Kalender möglichst frei von allem machen, was stressig werden könnte. Noch wie die Eichhörnchen emsig erledigen, was unbedingt gebraucht wird. Und dann vertrauen, dass es schon so passt.

Es kann geradezu genussvoll sein, sich den schwindenden körperlichen Kräften hinzugeben. Mich verbindet das sehr mit meiner eigenen Vergänglichkeit. Da wird schnell deutlich: Wofür lohnt es sich, mich einzusetzen. Womit verbringe ich meine Zeit, wenn das Leben doch irgendwann ganz bestimmt vorbei ist? Dann will ich nicht sagen: Ich habe alle Deadlines eingehalten und ganz viel geschafft. Sondern dann ist mir wichtig, dass ich in Verbindung mit mir und meiner Körperweisheit gehandelt habe.

Der Herbst ist Loslass-Zeit: Auch von vielleicht manchmal zu hohen Erwartungen an uns selbst. Es kann so heilsam sein, zu merken, dass mein Wert nicht in meiner Produktivität oder Aktivität liegt, sondern in meinem Sein.

Verbringe ich meinen Monat mit vielen kleinen Dingen, die anstrengend sind?

Dann ist jetzt vielleicht die Zeit, in der ich die Einsicht habe, dass stattdessen eine einzige gezielte Aktion genau denselben Effekt haben kann. Ich habe in den letzten Monaten zwei virtuelle Assistentinnen in mein Team geholt, die besonders das für mich tun, was ich nicht gerne mache, nicht besonders gut kann und was mich wiederholt viel Zeit in meiner Woche gekostet hat. Jetzt setze ich einmal in der Woche hin und delegiere die Aufgaben – und das war’s.

Die späte Lutealphase ist auch eine große Chance für Selbstliebe: Und zwar nicht im Sinne eines Schaumbads oder eines flotten Instagram-Sinnspruches, sondern auf einer tieferen Ebene der Verbindung mit Dir selbst: Bist Du ok, wenn Du loslässt?

Diese Phase wirft uns unerbittlich auf uns selbst zurück und zeigt uns alles, was im Argen liegt. Und ja, auch wenn ich auf meinen Mann wütend werde, weil hier oder da etwas im Haushalt nicht gemacht ist – darunter liegt meist meine eigene Unzufriedenheit mit mir. Wenn ich mich damit konfrontiere und in den Spiegel schaue, den mir diese Zeit vorhält, anstatt anderen die Schuld für mein Befinden zu geben, kann ich viel lernen und auch viel (er-)lösen.

Miranda Grey nennt diese Zeit auch die „Hexen“-Phase, was ich äußerst passend finde: Denn in dieser Zeit ist fast alles möglich: ich kann geniale Einfälle und Einsichten haben, ein Zimmer komplett umräumen oder endlich eine zähe Aufgabe vom Tisch schaffen, um die ich lange herumgeschlichen bin. Gerade in den letzten Tagen der Lutealphase kann ich fast schon durch die Schleier der Welt hindurchschauen und meine Intuition erreicht ein magisches Level.

Gleichzeitig kommen in dieser Phase „dunkle“ Gefühle an die Oberfläche: Ich bin selbstkritisch, vielleicht sogar verzweifelt. Und: Das ist eine große Chance. Ich darf loslassen: Das Verhalten, das mich hierher geführt hat. Wenn ich diese Phase nutze, um innerlich Klarschiff zu machen und mir auch mal selbst den Kopf zu waschen, steht meiner „Wiedergeburt“ nach ein paar Tagen Winter-Ruhe zur Integration nur noch wenig im Wege.

Die Aufteilung des Zyklus in vier Phasen habe ich von Miranda Grey gelernt, das, wie ich finde, beste Buch von Ihr, das den zugegeben etwas abtörnenden Titel The Optimized Woman trägt, gibt es bisher nicht auf Deutsch. Sie nennt die Herbst-Phase die „kreative Phase“. Die Jahreszeiten-Analogien finde ich, nachdem ich mich viel mit dem Jahreszyklus auseinandergesetzt habe, sehr stimmig und meine, dass Alexandra Pope und Sjanie Hugo Wurlitzer die Ersten waren, die die vier Phasen nach den uns bekannten Jahreszeiten benannt haben.

 

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